sábado, 27 de novembro de 2010

Weihnachten in Bahia


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In Brasilien ist Weihnachten anders.
Entweder gar nicht, oder übertrieben wie in Gramado, im südbrasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sul, wo zur Weihnachtszeit mehr Weihnachtsmänner herumrennen als im Lappland und ganz Norwegen.
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Weihnachten, so wie in Österreich und früher einmal, höchstens in Dreizehn Linden, in der 1933 von Tirolern gegründeten Stadt in Santa Catarina.
Hier oben im tropischen Nordosten gibt es nichts, das mich an Weihnachten meiner Kindheit und Jugendzeit erinnern könnte.
Meine "Baianos" kennen keine andere Form der Feierlichkeit, als Faschingsklamauk.
Jedes Fest artet früher oder spätestens gegen Mitternacht in Karnaval aus.
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Ich habe schon öfter gesagt und geschrieben, es wäre doch interessanter und vor allem gescheiter und dem Klima angebracht, Weihnachten aus erster Hand und nach dem Brauchtum des Nahen Osten und Heilands Geburtslandes zu feiern.
Dort Palmen, hier Palmen, alles Leinwand bzw. paletti!
Aber diese komischen Kerln hier hören ja nicht auf mich, sondern beharren auf einem second hand-Weihnachtsfest. Weihnachten wie in den USA.
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Ausserdem liegt dem "Baiano" kein "gemeinsames und weihnachtliches Handeln".
Der Baiano ist kein "kollektiver Mensch".
Bei einer eventuellen Inszenierung der Krippe würde es Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen geben.
Baianos kommen bereits als Hauptdarsteller zur Welt und haben kein Talent für Nebenpersonen oder gar Figuranten. Es gäbe also viel Andrang an der Krippe, während keiner Hirte sein wollte. .
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Das Internet, insbesondere die Webseite des Österreichischen Flugwetterdienstes, klärt mich über die Temperaturen im gesamten Alpenland auf, während ich hier in Salvador über alle möglichen Dummheiten nachdenke.
Seit Tagen verfolge ich mit schadenfrohen Blicken die tiefblauen Ziffern auf der wohlbekannten Landkarte. Lauter Minusgrade.
Währenddessen sitze ich mit nacktem Oberkörper und klebriger Haut in meinem südländischen Domizil, genaugenommen in Salvador, Bahia, Brasilien bei offenem Fenster.
Müdes Tageslicht dringt ins unbeleuchtete Zimmer, vermischt sich mit der Helligkeit des Monitors.
Die schrillen Stimmen der Bem-Te-Vi-Vögel kündigen die nahende Tropennacht an. Sachte, aber bestimmt und ohne Dämmerung, spannt sich die laue Dunkelheit über die Hafenstadt am Südatlantik.
Es folgt die Stunde der prallen Abfallsäcke vor den Häusern, die auf die Städtische Müllabfuhr bzw. auf die flinken Hände armer Leute, die nach Essbarem, nach noch verwendbaren Objekten suchen, Gehsteug und Sraße mit dem von ihnen verschmähten Kehricht verzieren.
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Jetzt, am Ende von Bundespräsident Luis Inácio Lula da Silva´s Amtszeit heißt es, er habe 28 Millionen Miserable aus ärgster Not gezogen. In Lula haben wir also einen tropischen Nikolaus, einen brasilianischen Weihnachtsmann, der den ärmsten der Armen unsere Steuergelder gibt. Verteilung des Reichtums nennt man das.
In Wirklichkeit hat das leider auch seine Nachteile..Es gehört nun zu unserem Alltag, daß wir die Korredore des Supermarktes mit neuen Konsumenten teilen müssen.
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Da sitze ich unter dem schnurrenden Deckenventilator und freue mich, weil mir eine liebe Freundin aus Österreich eine Adventkalender-Weihnachtskarte geschickt hat.
Das glitzernde Etwas, das sich an meinen Fingern ablagert, erinnert mich an die überladene Schminke einer dunklen Schönen beim Maskenball, laden mich zu einer flüchtigen Gewissenserforschung ein. Die vermeintlichen Spuren einer frivolen Begegnung erweisen sich jedoch als Schnee der Dächer und Gesimse des kleinen Adventkalenders.
Morgen früh werde ich nach den Fensterln Ausschau gehalten. Welches weihnachtliche Objekt uns diese allererste Illustration wohl zeigen wird?
Die aus Favelas stammenden armen Schwarzen von der Straße unten brauchen derart zärtliche Aufmerksamkeiten nicht. Dafür haben sie kein Verständnis. Sie würden uns womöglich zahn – und verständnislos anschauen, wollten wir sie mit einem Adventkalender beglücken.
Morgen werde ich auch unsere Veranda mit bunten Lampen schmücken.
Einige Lichter blinken heute schon von Büschen und Palmen gegenüber liegender Wohnbauten. Trotz der tannenähnlichen Bäume vor den befestigten, sorgsam umzäunten und streng bewachten Behausungen, erinnern mich die Weihnachtsdekorationen baianischer Nobelviertel eher an Trios Elétricos, an die dem Karnevalsspektakel dienenden, auf riesigen Tiefladern montierten Höllensoundmaschinen und ambulanen Bühnen für die "neuheidnische axé-Religion" mit ihren singenden und tanzenden Priesterinnen und Pristern, als an den Advent, an die stille Jahreszeit.
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Am Abend des 24.12. wird sich wie immer meine Familie, oder besser, Maria Alices Familie bei uns zu Hause treffen. Bei dieser festlichen Gelegenheit wird gegessen, getrunken und geplaudert. Nichts weiter!
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Vergangenes Jahr war gerade die liebe Freundin aus Österreich mit ihrem Mann hier in Salvador und bei unserer Feier.
Natürlich versuchten wir Österreicher die Gelegenheit zu nützen, um meinen Baianos ein paar Weihnachtslieder in deutscher Sprache vorzusingen. "Oh Tannenbaum", "Leise rieselt der Schnee" und selbstverständlich auch "Stille Nacht, Heilige Nacht".
Unser Versuch fiel vorerst ind Wasser!
Keiner wollte aufpassen, jeder redete durcheinander. Das ärgerte mich. Es folgte ein kleiner Streit. Ein tragikomischer Bürgerkrieg mit Splitterbomben, Granaten und rotativem Maschinengewehr!
So nach ihrem Äußeren zu schließen, hält unsereins die Brasilianer glatt für “zivilisierte”, Europäer. Episoden wie diese jedoch vergiften unser Herz mit Vorurteilen, lassen gewisse Zweifel aufkommen.
Wie können sie nur bei so einem heiligen Kunstgenuss nicht andächtig zuhören wollen? Das ist doch die Höhe! Ein Skandal ist das ! Nach zankenden Blitzen und einem kleinen Donnerwetter hörten schließlich alle schweigend zu. Sie schwiegen auch nach der kunstvollen Darbietung noch eine Weile…
Die Weihnachtsbescherung brachte dann alles wieder in die Waage, der Alkohol alles außer Rand und Band. Weihnachtsstimmung gibt es hier bei uns in Salvador, Bahia, Brasilien so gut wie keine! So etwas darf niemand von uns erwarten. Jedes Fest in Bahia unterliegt zwangsweise der Karnevals-Metamorphose. Egal ob Ostern zelebriert wird, oder Sonnwendfeier oder Advent oder Weihnachten, “tudo vira carnaval”. Alles wird zu Karneval… “Jingle Bells” schlagen nach und nach in schweren Karnevalssound um.
Portale, Fenster, Ziersträucher und Palmen, überladen mit hektisch blinkenden Lampengirlanden.
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Der Sturzbäche schwitzende Weihnachtsmann vom nahen Shopping Center zerrt den Wattebart vom Gesicht, zieht seine roten Klamotten aus, besteigt den Omnibus, der ihn an die unwegsame Peripherie der Metropole bringt. In ein Chaos wie die Schafe und Hirten von Bethlehem. Die auf der Straße schlafenden Menschen erinnern an die Heilige Familie. Auch braucht keiner von uns lange nach den Besitzern der Herbergen zu suchen. Nach König Herodes auch nicht…

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