quinta-feira, 14 de abril de 2011

Ostern in Brasilien





















Hierzulande, spricht man/frau von “Semana Santa”, von der Heiligen Woche.

Möglicherweise wird am Rande der katholischen Osterliturgie Brasiliens ähnliches Brauchtum kultiviert wie in Europa.

Vor den Augen meiner Erinnerungen defilieren die ernsten Gesichter der frömmsten Pfarrmitglieder meiner Kindheit und Jugendzeit. Jede/r bereit, mit Jesus zu wachen, die Nacht betend in der Kirche zu verbringen. Ihre entschlossene Miene sagte mir, sie würden hellwach druchhalten und nicht schlapp machen und einnicken wie die Jünger am Ölberg.

Angesichts der Banalisierung des Lebens und des Todes, fällt es mir immer schwerer, die Auferstehung des Fleisches zu verstehen.

Erst vor wenigen Tagen erschoss in Rio de Janeiro ein verrückter Bursche ein Dutzend SchülerInnen. Andere sechs bis zehn liegen weiterhin verwundet im Krankenhaus.

An einem einzigen Wochenende sterben allein in Salvador zwei Dutzend Menschen eines gewaltsamen Todes.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag wurde an der Küste São Paulos aus einem schwarzen Auto auf mehrere Gruppen Fußgänger geschossen. Einer starb, andere schweben in Lebensgefahr. Vier oder fünf, oder gar sieben… Ich weiß es nicht, habe den Zeitungsbericht nur kurz überflogen. Wie kann sich eine/r die Anzahl der vielen Toten, Ermordeten, Gemeuchelten und Gefallenen heute überhaupt noch merken? An verschiedenen Orten dieses Planeten wird jetzt und in dem Moment gemetzelt und hektoliterweise Blut “verpritschelt” und unsinnigerweise vergossen, immer öfter vor laufender Kamera. Die Mörder – mit oder ohne Uniform – scheinen sich an die Gegenwart der Journalisten bereits gewöhnt zu haben.

So wie wir daran sind, die grausigen Fotos der Ermordeten natürlich und banal zu finden.

Der Anblick eines toten Menschen bewegt uns kaum mehr als das Bild eines verendeten Tieres, eines halben Ochsen, eines Brathuhns. Was ist mit dem Ausdruck “Lamm Gottes” überhaupt gemeint? Ich kann mich nicht erinnern. Habe ich das Überhaupt einmal gewußt und verstanden?

Der Korb mit Geselchtem, mit hart gekochten und bemalten Eiern, mit Brot und Krenwurzel wird in der Karwoche nur noch bei den Tirolern in Dreizehnlinden, Santa Catarina und in ähnlichen Orten Südbrasiliens zur Weihe in der Kirche getragen. Die Krenwurzel, wenn sie überhaupt neben den anderen Speisen liegt, wird nicht dicker sein, als ein kleiner Finger…

Vor Jahren wurde ein von Ukrainern abstammender Brasilianer nach Kiev eingeladen, um den heutigen Ukrainern zu zeigen, wie man/frau Ostereier bemalt. Die Sowjetunion habe auch dieses Brauchtum ausradiert, erzählte man/frau mir.

Auch ich bemalte jahrelang Ostereier, verschenkte sie an die Kundschaft unserer Taverne hier in Salvador, Bahia. Heute tue ich mir diese Arbeit nicht mehr an.

Am Gründonnerstag koche ich mir und meiner Frau Spinat mit gerösteten Erdäpfeln und gebe pro Teller ein Spiegelei mit weichem Dotter auf den schön nach Knoblauch riechenden Spinat…Am Karfreitag gibt es nach baianischer Art zubereitete Speisen mit Palmöl, Ingwer, gedörrten Krabben und anderen Meerestieren, aber auch Kabeljau, also Stockfisch nach portugiesischer Art, gekocht mit Kohl, Zwiebeln, hartgekochten Eiern, gekochten Erdäpfeln und schwarzen Oliven. Dazu die Sauce aus gehacktem Knoblauch, Salz, Pfeffer, Essig und Olivenöl. Zu dieser Speise paßt sowohl weisser, als auch roter Wein. Am besten “Vinho Verde”… branco oder tinto! Am Karsamstag und am Ostersonntag ist unsere Diät wieder alpenländisch. Das Fehlen der Krenwurzel mache ich mit scharfem Senf wett, den ich mit Wasabi abrühre. Den Gurkensalat zum Schweinsbraten mache ich mit Tafelöl an. Das Kernöl ist mir beim letzten Sauren Rindfleisch ausgegangen. Wichtiger, aber leider immer weniger kultivierter brasilianischer Brauch ist: “Ja malhação do Judas”, das Schlagen und Züchtigen des Judas! Warum wohl? Noch nie war es so einfach, unter uns Menschen einen Judas zu erkennen. Früher nahmen wir uns noch Zeit, um so einen ausgestopften Judas aus alten Kleidern herzustellen, ihm die Gesichtszüge eines allgemein verhaßten Politikers zu geben. Früher nahmen wir uns noch Zeit, um das Testament des Verräters Christi in langen Versen zu erdichten. Allen Awesenden wurde irgendein ulkiger und fiktiver Gegenstand hinterlassen. Kleine Knallkörper zwischen den Ballen Zeitungspapier sorgten nach dem Schlagen und Anzünden des Judas für Überraschungen.

Am Karfreitag essen wir im größten katholischen Land der Erde kein Fleisch. Auch wird an diesem Tag nicht gearbeitet.

Ebenso wird nur selten noch gebetet und Ostern in der Familie verbracht. Am Karfreitag sind alle längst ausgeflogen, verbringt ein jeder, eine jede, ihre, seine Osterferien an einem anderen Ort… irgendwo am Strand, im Landesinnern, oder gar in Rio de Janeiro.

Vom Auferstandenen sehen sie dann höchstens die Christusstatue hoch auf dem Corcovadofelsen.

Frohe Ostern!

terça-feira, 12 de abril de 2011

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segunda-feira, 11 de abril de 2011

... ins heissa heissa Kürbisfeld



...ins heissa, heissa Kürbisfeld.


Vor Jahren erfuhr ich aus der Kleinen Zeitung - die ich lese, als noch keine Montagausgabe existierte und wir bis Dienstag auf die Sportnachrichten des vergangenen Sonntags warten mußten. Das war Mitte der 50er Jahre und vor über 55 Jahren - ... da stand also, daß ein Obstlieferant österreichische Supermärkte mit brasilianischen Äpfeln versorgte, anstatt mit sakrosankten steirischen Früchten.

Ein Skandal war das! Eine himmelschreiende Gaunerei! Ein hinterfotziger Betrug!


In meinem Leserbrief, der dann auch veröffentlicht wurde, sagte ich, die Österreicher sollten nicht nur ruhig brasilianisches Obst kaufen und konsumieren, sondern auch brasilianisches Fleisch, und was sie sonst noch an brasilianischen Lebensmitteln auf den Gondeln der Supermärkte fänden...

denn der, der das schreibt, lebt seit vielen Jahrzehnten ausschließlich von brasilianischen Lebensmitteln und ist mindestens genauso gesund wie jeder andere Kleine Zeitung Leser.


Deshalb scheint mir die Propaganda rund um die Bio-Bauernwirtschaft ein bisserl übertrieben.

Sie grenzt, meiner unbescheidenen Meinung nach sogar an das Lügenhafte.

"Hé, wir bieten Bio-Waren an, haben also heiliges Recht auf Agrarsubventionen!

Ausserdem sind Lebensmittel aus Schwellenländern "pfui" und voll Pestiziden und anderenSchadstoffen! Also nur her mit dem Geld und weg mit den billigeren Äpfeln, Birnen, Pflaumen, Mangas usw. aus Brasilien...

"Äpfeln aus Brasilien... wo hat man/frau denn soetwas schon gehört? Unerhört"!


Erst unlängst und während unserer Urlaubsreise durch Südbrasilien, kaufte ich bei der Sanjo in São Joaquim, SAna Caqtarina billigst frische Schwarzbeeren, mit einem Durchmesser von annähernd einem Zentimneter. Beeren, die hierzulande Mirtilo heissen.

Nach dem Waschen zwei Löffelchen Zucker drauf... und ich fühlte mich wie in meiner Steirischen Kindheit.


Leider gibt es weder in São Joaquim, noch in Fraiburgo oder Videria Maschansker, aus denenman den guten Most mache könnte...

Auch die Kernölkürbisse entwickeln sich in den bisher getesteten Regionen Südbrasiliens nicht so recht, wie mir ein guter Bekannter aus Feldbach verriet, der Geschäfte hat in Santa Catarina.


Vor kurzem las ich in der Kleinen Online vom Gezeter um die Benennung untersteirischem und unter der Mur hergestelltem, also slovenischem Kernöls.

Wenn in der Steiermark keiner mehr arbeiten, nicht mehr aufs heissa, heissa Ölkürbisfeld gehen will, und die frommen steirischen Bauern die Kürbsikerne aus Polen, China und Djiouty beziehen, die sie in ihre Ölpresse schmeissen, da kaufe ich mir lieber slowenisches, kroatisches oder ungarisches Kernöl!


Kernöl ist nämlich ein relatives Produkt. Sein Wert hängt davon ab, ob man/frau sich einen Liter Kernöl im nächsten Supermarkt kaufen kann, oder auf die gute Idee eines Freundes angewiesen ist, ihm bei der nächsten Reise nach Brasilien eine Flasche mitzubringen.

Aprilwetter.... oder


Aprilwetter,

oder

Die exotische Sehnsucht des Menschen


Früher sehnten wir Mitteleuropäer uns nach Sonne, nach warmen Sommertagen.

Elfeinhalb Monate fütterten wir unser Fernweh mit Vorfreude, vierzehn Tage an der Adria zu verbringen. In Lignano Sabbiadoro, in Bibione, in Rimini.

Wir liebten den Anblick der Pinien, des Meeres, den Geruch der mit Sonnenöl oder Niveachreme beklecksten Körper und unsere erstaunlichen Sprachkenntnisse:"una birra alla spina, per favore, se possibile Gösser!"


Dann erschien Helmut Qualtinger, nützte die schwere Verletzung seines Namensvetters Helmut Haubergers um uns zu sagen, Brutalität wäre ein Kick zwischen Kapfenberg und Simmering... und nicht irgendein Stierkampf in Barcelona.

Das war zu Beginn der 60erJahre, als unsere Industriearbeiter begannen, die Costa Bava unsicher zu machen:"dos cervezas y papas fritas por favor!... Usted tiene Gösser"?


Heute beobachte ich hier in Salvador, Bahia, Basilien, vor meinem thematischen Beisl sitzend, europäische Urlauber, wie sie von unserer Tropensonnne rot-weiß-rot gebrannt, eine kleine Hure am Arm, durch unser Strandviertel laufen.

Nach wie vor sehne ich mich nach Touristen mit etwas Kultur, Anstand und nicht allzu magerer Brieftasche, die durch unsere altösterreichische Speisekarte Dekoration und unsere Musikkulisse aus den 50er und 60er Jahren angezogen werden.

Es bleibt aber keiner stehen und es kommt von diesen traurigen Figuren auch keiner zu mir.

Gott sei Dank!


Heute sehnen wir uns nach sombra e água fresca, also nach Schatten und frischem Wasser!Nach einem eiskalten Bier, dem bei mir im Bistrô PortoSol ein jeder etwas Hopfenextrakt zufügt, um es je nach Geschmack zu verändern.


Heute sehnen wir uns nach Ferientagen in den Bergen Südbrasiliens, freuen uns auf möglichst schlechtes Wetter und niedrige Temperaturen.

In São Joaquim und Umgebung schneit es im Winter gelegentlich.

Im Sommer, also zur Faschingszeit, wenn wir vom Carnavalstrubel verjagt werden und unsere Taverne zumachen müssen, sind wir mit 12 bis 16 Grad plus zufrieden. In den Bergen von Santa Catarina und in der Weigegend von Rio Grande do Sul.

Abends, denn tagsüber, wenndie Sonne scheint, lesen wir auch in Urubici vom Termometer ganze 20 Grad.

Das tut uns gut, denn in Salvador sinken die Temperaturen auch nachts kaum unter 27 Grad.


Im Winter, wenn es bei uns in Salvador, Bahia viel regnet und die Temperaturen auf 20 Grad absacken, kaufen wir uns Käse ein, schieben zwei Flaschen Chardonnay in den Kühlschrank, kochen uns eine Fondue, schwitzen trotz offener Verandatüre wie Schmalzbettler und sind glücklich.

Währenddessen drängen sich brasilianische Urlauber in Orten wie Gramado, Campos do Jordãound São Joaquim, warten auf die ersten Schneeflocken.


Früher und zu Beginn der 70er Jahre fanden wir in unseren Kaufhäusern keinerlei Zutaten für österreichische Speisen.

Es wurde nirgends Kümmel oder Paprika angeboten.

Heute gibt es zwar an fast jeder Straßenecke einen Delikatessenladen, jedoch immer noch kein Kernöl und auch keinen Vogerlsalat, keine Kohlrüben, keine Krenwurzen und auch keinen Most!


Auf meiner Veranda haben wir Käferbohnen angebaut, den Kren ersetze ich bestens durch Wasabi, den Gusto auf Vogerlsalat oder Röhrlsalat versuche ich mit Endivie und Radicchio zu überbrücken.


Was wäre der Mensch ohne Sehnsucht? Was wäre der Frühling ohne Aprilwetter.


Salvador, 11. April 2011


Reinhard Lackinger