terça-feira, 12 de outubro de 2010

Altes Gewerbe in der Neuen Welt


Text von Reinhard Lackinger
.

Als mich die Nachricht ereilte, beim Redakteur von “Der schlaue Brasilienreisende” zwecks Freelancer-Arbeit zu erscheinen, war ich zu aufgekratzt, um Böses zu ahnen.

- Aber Chef -, sagte ich. - Wie soll ich das anstellen? Ich kann mich doch nicht mit so einer Person in aller Öffentlichkeit zeigen lassen…

Mein Diktiergerät zwischen Tellern und Gläsern, auf dem Tisch einer Strandkneipe…

Meine vier Kinder sind im besten Schulalter und meine Frau und ich frequentieren die Kirche Nossa Senhora dos Desvalidos.

Wir genießen den Respekt der Pfarrgemeinschaft.-

- Othúrgames -, sagte der Chef, - sei nicht blöd! Benütze das Telefon! Schließlich geht es hier um ein Interview mit einem Callgirl.-

Die Fragen sorgfältig vorbereitet, die Papierblätter auf das Schreibebrett gezwängt, griff ich nach dem schurlosen Telefon. Die ersten acht Nummern waren besetzt. Aus dem regen Verkehr in den Telefonleitungen schloß ich auf lebhaftes Treiben in anderen Bereichen. Beim neunten Versuch meldete sich bereits nach dem sechzehnten Klingeln eine verschlafene Frauenstimme.

- Guten Tag -, sagte ich. - Mein Name ist Othúrgames José dos Santos Araújo. Ich bin Reporter der neuen virtuellen Zeitschrift “Der schlaue Brasilienreisende”. Ein Informationsblatt für europäische Touristen und Geschäftsleute. Unsere Philosophie besteht darin, dem potentiellen Besucher unseres Landes alles Brasilianische so nahe wie möglich zu bringen… Ein Interview mit einer Begleiterin, einem Scort-Girl, wird Licht auf ein bisher tabuisiertes Thema werfen. Eine Realität, die unserer Meinung nach nicht totgeschwiegen werden darf… Wenn du bitte so nett bist, mir einige Fragen zu beantw… -

“Klick” machte es in der Leitung und ich war wieder alleine und am Anfang meiner Bemühungen. Ich wählte weiter, hörte das Tüten besetzter Telefone, legte auf, suchte neue Nummern aus den Kleinanzeigen der lokalen Tageszeitung. Plötzlich meldete sich eine Männerstimme. Überrascht, mich ertappt fühlend, legte ich auf.
Wildeste Gedanken blitzten durch mein Hirn. Nur nicht der, falsch gewählt zu haben.

Schließlich priesen auf jener Spalte etliche Apollos und Adonis, Herkules und Zulús sowohl ihre unermüdliche Bereitschaft, als auch ihre Maße an.
Einer prahlte sogar mit einer Größe von 25 Zentimentern und ich fragte mich, wie sich wohl jemand anstellte, um zu diesem Resultat zu kommen. Wo wohl der Anfang des Meßbandes angesetzt würde...

Schließlich hörte ich die sanfte Mädchestimme einer zwanzigjährigen Baianerin aus Vitória da Conquista, die auf den wohlkingenden Namen “Leidejane” hörte. Ich suchte pochenden Herzens nach einem Ausweg, um zu vermeiden, daß man mir wieder das Telefon auf die Gabel haute.

Da kam mir eine rettende Idee…

- Oi -, sagte ich. - Ich habe da einen ausländischen Bekannten.
Einen Junggesellen, der kein Wort portugiesisch versteht.
Er möchte diese Nacht nicht alleine verbringen.
Deshalb bat er mich, ihm beim Beschaffen einer weiblichen Begleitung behilflich zu sein.
Darf ich dir diesbezüglich einige Fragen stellen? -

Leidejane: - Selbstverständlich - , flötete die junge Baianerin.

DsB - Was verlangst Du für die ganze Nacht? In der Zeitung steht was von R$ 80,00

Leidejane: - 80 Reais plus Taxi hin und retour sind für zwei Stunden. Für die ganze
Nacht nehme ich R$ 200,00… In welchem Hotel ist denn dein Freund?
Wie heißt er? Ich kenne einen Europäer, der sich Manfred nennt… -

DsB - Hans Wolfgang ist im Diamond Tropical Plaza. Er wartet auf meinen Anruf.
Wie wirst du mit dem Verständigungsproblem fertig, wenn ein Kunde kein
Wort portugiesisch spricht? –

Leidejane: - Ich bin sehr schlau, obwohl ich nicht so professionell bin wie andere
Mädchen. Ich finanziere auf diese Art mein Universitätsstudium verstehst du?
Möchtest du nicht, daß ich dir sage, wie ich aussehe? –

DsB - Ich möchte wissen, wie du dich zu einem fremden Mann ins Bett legen, mit
ihm intim werden kannst, ohne mit ihm auch nur ein Wort zu wechseln? –

Leidejane: - Mimik! Ich rede mit den Händen, mit dem ganzen Körper.
Außerdem weiß ja jeder von uns beiden, was der eine vom anderen erwartet -.

DsB - Hans Wolfgang hat Schweißfüße und den Mundgeruch eines hungrigen Aasgeiers…-

Leidejane: - Ich bringe ihn schon dazu eine Dusche zu nehmen, die Zähne zu putzen.
Möchtest du nicht, daß ich dir sage, wie ich aussehe?
Ich bin eine lichte Morena, 1,65 groß, 59kg schwer, Typ Guitarre, großer Bumbum und
kleine Brüste, lange Haare bis zum Bumbum… Ich mache alles… fast alles. –

DsB - Bestehst du darauf daß er einen Kondom benützt? Ich glaube, er mag keine Präservative… -

Laidejane: - Meinetwegen kann dein Freund vor Schweiß kleben und auch danach riechen, sich kalt und glitschig anfühlen wie ein Fisch.

Dagegen kann ich etwas tun. Aber vor HIV - Übertragung kann ich mich nur schützen, indem ich
von meinen Klienten verlange, daß sie Präservative benutzen.
Ohne Kondom mache ich kein Programm!

DsB - Auch nicht, wenn er deine Gage erhöht?

Leidejane: - Um kein Geld der Welt!

DsB - Und wenn es Hans Wolfgang nicht gelingt, den Gummi überzustreifen?

Leidejane: - Das ist kein Problem. Das kannst du ruhig mir überlassen. Ich habe da meine Tricks…

DsB - Gut, ich werde jetzt Hans Wolfgang anrufen. Ich melde mich später bei dir.

Leidejane: - Sag deinem Freund, daß ich R$ 300,00 verlange. Wegen extrem ungesunder Arbeitsbedingungen.
Stell dir vor, ich ziehe mir einen Fußpilz zu, oder Filzläuse, Milben oder Küchenschaben…

Ich legte as Telefon beiseite, notierte die wichtigsten Punkte.
Nicht zufrieden mit den gesammelten Informationen, rief ich noch bei ein paar anderen Nummern an.
Adriana, eine blonde, 1,73 große und 29 Jahre junge Südbrasilianerin verlangte ganze R$ 600,00 für ein nachtfüllendes Programm, während Mércia, eine vollbusige Mulattin den Preis von 350 Reais nannte.
Bolá, ein 18 Jahre altes afrobrasilianisches Mädchen mit kurzem Kraushaar würde es bei R$ 80,00 belassen.
Damit wieder einmal bewiesen war, daß die Faustregel: je dunkelhäutiger, umso geringer der Lohn, auch im ältesten aller Gewerbe galt.

Abends, wir hatten gerade Besuch, schrillte das Telefon.
Angélica, unsere Kleinste rannte los, hob ab, nannte Namen und Wunsch der anrufenden Person…
Im Laufe des Abends riefen alle an um das Fernbleiben des potentiellen Kunden zu ergründen. Zuerst Leidejane, Bolá dreimal, Mércia und schließlich Adriana.

Ich hatte vollkommen vergessen, daß Telefone heutzutage mit jenen Einrichtungen versehen waren, die die Nummern aller Gesprächspartner, aller erhaltenen Telefonate registrierten.

Es war eine Tragödie, all die Anrufe meiner lieben Ehefrau erklären zu müssen…
Vor den Kindern und vor den wichtigsten Persönlichkeiten unserer Pfarrgemeinschaft einschließlich Pater Hans Wolfgang.



Nenhum comentário:

Postar um comentário